Farbenfrohheit – alles, nur nicht gewöhnlich!

DESIGN DE LUXE Herausgeberin Sabine Jäger trifft Marcus Füreder alias Parov Stelar zum exklusiven Interview und spricht über Musik, Design und Kunst.

Marcus Füreder hat Kunstdesign studiert. Er ist ein Künstler durch und durch. Seine Liebe zur Malerei ist bereits vor der Leidenschaft zur Musik entstanden.

Was ist die verbindende DNA des österreichischen Weltstars Marcus Füreder mit seiner künstlerischen Figur Parov Stelar? Anfänglich habe ich die Kunstfigur Parov Stelar zur Abgrenzung geschaffen. Mit den Jahren wurde eine Trennung immer schwieriger. Irgendwann musste ich der Tatsache ins Auge schauen, und die beiden Figuren sind miteinander verschmolzen. Die Brücke zwischen Musik und Malerei ist die Verbindung von bewegten Bildern. Erst durch die Musik bekommen meine Bilder eine Dynamik. Bereits bei der Musikproduktion habe ich Bilder im Kopf. Diese Bilder beeinflussen das Akustische soweit, dass die Farben der Musik an das Visuelle angelehnt sind. Das bekommt man auch ganz stark zu spüren. Bei meinen Konzerten ist die visuelle Umsetzung ein ganz wichtiger Bestandteil. Mit einem Pinsel in der Hand fühle ich mich frei und kenne keine Grenzen. Die Inspiration für meine Bilder ist das tägliche Leben und der Wille, aus der Realität auszusteigen.

Ihr kürzlich erschienenes Album – Voodoo Sonic – ist in einer schwierigen Zeit entstanden. Das letzte Jahr war für viele Künstler einschneidend. Sehen Sie die Krise als Chance? Für Künstler war das letzte Jahr ein sehr schwieriges. Konzerte sind ausgefallen. Man weiß nicht, wann Liveauftritte wieder möglich sein werden. Für all jene, die davon leben müssen, ist es wirtschaftlich eine Katastrophe. Aber man muss in allem auch eine Chance sehen. Künstler sind gezwungen umzudenken. Dann kann auch Gutes und Positives entstehen. Ich habe im letzten Jahr viel Zeit im Studio verbracht und mein neues Album fertiggestellt. Dadurch, dass Reisen nicht möglich war, gab es auch keinen Druck, und ich konnte mich voll auf die Musikproduktion konzentrieren. Aber jetzt freue ich mich schon, wenn es hoffentlich bald wieder möglich sein wird, mit Freunden in eine Bar zu gehen und ein Bier zu trinken.

Parov Stelar ist derzeit Österreichs bekanntester Musiker – nun entwickelt der Pionier des Elektroswing seine weltberühmten Klänge weiter und macht sich außerdem einen Namen als bildender Künstler, Maler und Designer.

Sind Werke, die in der Coronazeit entstanden sind, melancholischer oder im Gegenteil lauter und schreiender? Alle Werke, die in dieser Zeit entstanden sind, sind Zeitdokumente. In der Musik und Malerei wird eine noch nie dagewesene Stimmung eingefangen, die sonst vielleicht verloren gegangen wäre. Man sieht jetzt schon, dass sich die Qualität der Kunst in dieser Zeit verändert hat. Was eigentlich nichts Schlechtes ist. Anfänglich war Sarkasmus in den Werken zu spüren und zu sehen. Aber je länger die Pandemie und die Unsicherheit dauert, desto größer wird die Verzweiflung. Die Stimmen werden immer lauter. Die Menschen wollen endlich wieder zurück in die Normalität und das spiegelt sich auch in der Kunst wider.

Sie sind ein anerkannter Weltstar im Musikgeschäft. Spiegelt sich in Ihren Bildern Ihre Musik wider? Wenn ich einen ganzen Tag im Studio verbringe und meine Musik produziere, bin ich durch und durch Parov Stelar. Was mir aber bei der Musikproduktion fehlt, ist die Haptik. Bei der elektronischen Musik ist nichts greifbar. Denn was letztendlich aus den Lautsprechern kommt, sind nur Einsen und Nullen. Irgendwann komme ich an den Punkt, wo mir etwas fehlt. Dann wechsle ich den Raum und gehe in mein Atelier, wo ich von Farben, Leinwänden, Gerüchen und einem beruhigenden Chaos umgeben bin. Aber genau diese Eindrücke inspirieren mich, machen mich bodenständig und bringen mich vom Alltagsstress runter. Für mich ist das Malen wie eine Therapie. Meine Werke sind figural. Vorwiegend male ich große Porträts mit Öl. Ich würde mich als einen klassischen Maler bezeichnen. Meine Bilder dürfen nie zu „schön“ sein. Sie müssen Kanten und Ecken besitzen. Perfekte Bilder will ich nicht, und sie sind auch nicht Aufgabe der Kunst. Jedes meiner Bilder braucht einen Bruch. Erst ein Bruch bringt Persönlichkeit in meine Bilder. Die Personen, die ich zeichne, sind immer fiktiv. Aus zehn verschiedenen Fotos von zehn verschiedenen Menschen – daraus wird ein neuer, fiktiver Mensch geschaffen mit einem eigenen, neuen Charakter. Was ich nie sein könnte, ist Auftragskünstler. Das könnte ich nicht mit mir vereinbaren.

Was macht für Sie gutes, hochwertiges Design aus? Auf dem einen Sessel sitzt man sehr gerne und will gar nicht mehr aufstehen, auf einem anderen fühlt man sich überhaupt nicht wohl und wetzt herum. Ein Designer ist weltberühmt, ein anderer schafft seinen Durchbruch nicht. Der Unterschied liegt im Design oft im Mikrobereich. Bei der Entwicklung von hochwertigem Design liegt es oft bei den kleinen Feinheiten, die den Unterschied machen. Zu Beginn ist der Aufstieg relativ rasch, aber um zu den Besten zu zählen, zu den Topdesignern und Künstlern, braucht es Millimeterarbeit, und das Eis ist dort oben ganz dünn. Für mich war es irgendwie ein logischer Schluss, auch einmal Möbel zu entwerfen. Für mich muss Design immer einen Stylefaktor haben, es muss erlebbar sein und in den Alltag passen. Der schönste Stuhl bringt nichts, wenn er unbequem ist und man nicht auf ihm sitzen kann. Im Vordergrund steht immer die Funktionalität. Das erste Möbelstück habe ich für die Firma TRAPA entwickelt. Ein exquisiter und sehr eleganter Designertisch. Geradlinig, massiv – ein Tisch aus französischer Eiche mit einer neuen Innovation: Der Tisch ist auch Beleuchtungselement. Ich wollte Licht in den Tisch integrieren und stellte fest, dass es diese Kombination noch gar nicht gab. Durch diese Einbindung wirkte es, als würde die Tischplatte schweben. Neben der Linie Voltaire habe ich auch für Pro-Ject Audio Systems zwei Plattenspieler in limitierter Sonderedition entworfen. Das Design des Modells „Frida“ ist dem Cover des Albums „Clap Your Hands“ nachempfunden und zeigt die weltberühmte Künstlerin Frida Kahlo. Das Design des Modells „Wave“ wurde ebenfalls im Style der Coverdesigns von Parov Stelar gehalten. „Frida“ und „Wave“ gelten als die Sammlerstücke von morgen.

Parov Stelar entwarf seine erste Möbellinie namens Voltaire für den österreichischen Naturholzmöbelhersteller TRAPA.

Was ist Ihr größter Antrieb bei der Malerei? Die Kunst an sich. Ich muss nicht von meinem malerischen Erfolg leben, und somit habe ich auch keinen Druck. Ich male, weil es mir Spaß macht. Aber bitte nicht falsch verstehen: Die Malerei ist kein Hobby. Sie ist, wie meine Liebe zur Musik, eine Berufung. Malen ist wie Therapie. Ich habe keine Vorbilder beim Malen. Ich schätze Künstler wie Jonas Burgert oder Daniel Richter, die ihren eigenen Weg gefunden haben und diesen konsequent verfolgen. Diese Geradlinigkeit zeichnet letztendlich einen Künstler aus.

Sie sind Österreicher. Spielt Ihre Herkunft bei Ihrer Malerei eine Rolle? Heimat ist das prägendste überhaupt für jeden Menschen. Meine Mutter ist hauptberuflich Künstlerin, und ich bin spirituell aufgewachsen. Eine gewisse Freiheit ist mir bereits auf den Weg mitgegeben worden, und somit musste ich mir diese Frei- heit nicht erkämpfen. Mein Motto – Je schräger desto besser – habe ich von meiner Mutter geerbt. Die Musik und die Malerei halten sich mittlerweile die Waage. Beides betreibe ich in der gleichen Intensität. Anfänglich habe ich mich dagegen entschieden, meine Malerei auszustellen, da Ausstellungen mit viel Aufwand verbunden sind, und da hätte meine Musik und meine Auftritte darunter gelitten. Jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen, um meine Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch in der Malerei verfolge ich hochgesteckte Ziele. In Kürze ist in Mallorca in der Braun Gallery meine erste Vernissage geplant. 2021 folgen noch weitere Ausstellungen in anderen europäischen Städten, unter anderem auch in Österreich. Was mir wichtig ist. Ich bin kein malender Musiker wie Ringo Starr. Die Malerei war bereits vor der Musik ein Teil von mir. Meine Kunst war auch bei meinen Covers, Posters oder anderen Projekten immer miteingebunden. Die Malerei war immer ein Wegbegleiter.

In Linz studierte Markus Füreder angewandtes Design, bevor er sich der Musik zuwandte.

Unsere Leser wollen sicher wissen: Wie lebt Parov Stelar alias Marcus Füreder? Was ist sein privater Wohnstil? Mein Wohnstil ist eine Mischung aus modernem Retro und mediterranem Umfeld. Meine Küche besteht aus weißem Corian. Alles ist puristisch gehalten. Nicht zu viel Schnickschnack. Aber auch beim Wohnstil muss es immer einen Bruch geben. Im Kontrast zur weißen minimalistischen Küche besteht der Küchenblock aus einer alten Holztür aus Holland, die über 400 Jahre alt ist. Designer wie Steininger oder Mandl & Bauer, die aus meiner Heimat kommen, schätze ich sehr.

Zum Abschluss: Wo sehen Sie Ihre Malerei in den nächsten fünf Jahren? Ich schaue nicht in die Zukunft, weil es immer anders kommt. Ich mache zu 100 Prozent das, was ich machen möchte. Ich nehme es, wie es kommt, ohne Erwartungen. Musikalisch steht heuer noch einiges auf dem Plan. Neben Parov Stelar heißt mein neues Projekt Stelatronic. Unter diesem Label werde ich heuer noch ein neues Album herausbringen. Die Stilrichtung ist ganz anders als bei Parov Stelar – viel elektronischer und songorientierter.