Küchen, Künstler, Köstlichkeiten

Nicht neu ist, dass man viel Geld in eine Küche investieren kann. So weit ist der Stellenwert im Raumausstattungsranking ja schon geklärt. Neu ist aber immer wieder, in welcher Form man das tut.

Küchen sind wie Fassaden: Sie verraten sehr viel über Inhalte und die Personen, zu denen sie gehören. Während es die einen klein und fein lieben, weil auch die Kochlust nur punktuell in Erscheinung tritt und man einfach einen funktionalen Anspruch hat, kann es den anderen nicht groß genug sein, um sich richtig austoben zu können. Die Gemeinsamkeit? Die Leidenschaft für das Schöne. Um die Sinnlichkeit zu intensivieren, werden Küchen ten­denziell noch wohnlicher und zu einer haptischen Erfahrung: unterschiedliche Texturen von glatt bis gerillt, eingearbeitete Mulden statt Push-to-open oder Griffen und warme, erdige Farbtöne sind nur ein paar wenige Beispiele dafür.

Mehr als nur Show

Die passionierten Hobbyköche brauchen viel Arbeitsfläche für ihre Kreativität, viel Stauraum für sämtliche Utensilien und Gerätschaften sowie Überblick und Ausblick obendrein – die Küche mutiert zum Lebensmittelpunkt, der mitten im Wohnbereich steht. Da kommt es schon mal vor, dass man – wenn der Platz vorhanden ist – zwei statt nur einen Küchenblock braucht: eine Arbeitsstation und eine Kochstation. Nicht selten reift der Wunsch, die Vorbereitungsarbeiten vom eigentlichen Kochen und Anrichten zu trennen, denn dieses will richtig zelebriert werden. Dass Ersteres auch mit auf die Kochbühne darf, ist eine eher neue Entwicklung: Haushalte, die über entsprechende Raumkapazitäten verfügen, haben Showküche und Backstageküche bisher räumlich getrennt.

Sign von Ernestomeda gliedert sich nahtlos in den Wohnraum ein.

Wenn weniger mehr ist

Die Minimalisten hingegen, die gerne den Aufwand und die Ausstattung kleinhalten, vielleicht sogar gerne zu Hause arbeiten und deshalb zwischen Beruflichem und Privatem schnell hin- und herswitchen wollen, schwören auf Küchenmodelle, die sich eher im Hintergrund halten und nicht zu viel Platz einnehmen. Sie greifen auf moderne Varianten zurück, die sich entweder optisch perfekt in die Wohnlandschaft integrieren, beispielsweise mit Bücherregalen, Vitrinen und viel Holz, oder unter Umständen hinter einer Schiebe- oder Falttür sogar komplett verschwinden können. Diese kompakten, raffinierten Versionen bieten zwar nur das wirklich Essenzielle an Funktionen und ein Minimum an Arbeitsfläche, sind aber in smarten urbanen Wohneinheiten ein echter Raumgewinn.

Luft und Duft

Mit dem Duft frischer Kräuter in der Nase lässt es sich besonders kreativ kochen. Grund genug, um das Zaubern von kulinarischen Meisterwerken in der wärmeren Jahreshälfte nach draußen zu verlegen. Outdoorküchen boomen und füllen Freiluftflächen mit neuem Treiben. Sich dabei aus dem eigenen Obst- und Gemüsegarten bedienen zu können ist wohl ein ganz besonderer Reiz – und nachhaltig obendrein. Wetterrobuste und leicht zu pflegende Materialien versüßen das Kochvergnügen zusätzlich – schließlich muss nach dem lukullischen Höhepunkt nicht extra viel verräumt oder mühsam geputzt werden. Wie weit man es hier mit der Ausstattung treibt, bleibt auch in diesem Fall der eigenen Ambition überlassen. Fakt ist: Dort zu kochen, wo die Zutaten aus der Erde sprießen und auf unkomplizierte Art und Weise serviert und gespeist werden kann, ist wohl kaum noch zu toppen.

Oasi von Aran holt die Natur kurzerhand direkt in die Küche.

Raumschiff Eierspeis

Apropos natürlich: Wer weder Garten noch Terrasse hat, holt sich die nachwachsenden Ingredienzien einfach direkt in die Küche. Urban Gardening gelingt mit eingelassenen Anzuchtbeeten direkt auf der Küchenzeile, auch Gerätschaften für allerlei Kulturen bringen den Frische-Faktor mitten ins Geschehen. Multifunktionale Kücheninseln, die nicht nur Kochstation, sondern Kräuterlieferant und Essplatz sind, gehören zu einer neuen Generation, die den Kochakt selbst zu einem gemeinschaftlichen Happening macht – Spontaneität und Kreativität inklusive. Wer noch mehr mit der Zeit gehen will, könnte sich mit Konzept-Küchen auseinandersetzen, bei denen es vor allem darum geht, was man wie richtig aufbewahrt und kultiviert, um sich möglichst gesund und autark ernähren zu können. Noch ist das Zukunftsmusik – aber nicht mehr lange.