Schöne, bunte Üppigkeit

Wir waren für Sie auf dem Salone del Mobile in Mailand, der größten Möbel- und Design-Messe Europas, und haben uns angeschaut, was die Trends und Neuheiten des Jahres sind.

„Do you speak Design?“ lautete das Motto des Salone del Mobile 2023. Dem ersten nach all den Verschiebungen der Pandemie – weshalb sich nicht nur die Aussteller, sondern auch die Organisatoren diese Frage stellen mussten. Allen voran Salone-Präsidentin Maria Porro, die in fast jedem Interview im Vorfeld gefragt wurde, ob es Messen in der postpandemische Zeit überhaupt noch braucht. Die Antwort darauf hat Porro mit ihrem Team jetzt opulent gegeben: Die Leitmesse der weltweiten Möbelwelt hat nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt, das neue Konzept der verkürzten Wege hat sich bewährt – sowohl für den Salone als auch für die Euroluce, die heurige Sonderausstellung zum Thema Licht.

Von der Bauweise der kuppel­förmigen Schneehäuschen inspiriert, kreierte Ramón Esteve das Daybed Iglu. Ausgestellt von Vondom.

Das große Flanieren

Auch die Aussteller haben die Antwort auf die Frage „Do you speak Design?“ nachdrücklich gegeben. Mit großen Inszenierungen, Farbexplosionen, Opulenz und Üppigkeit, Plüsch und Blütenmeeren, die das Bedürfnis nach Harmonie, Wärme und Lebenslust nach der überstandenen Pandemie grandios bedienen. Genau wie die Stadt selbst, die ihre Stellung als Welthauptstadt der des Designs wieder lustvoll unter Beweis stellen konnte. Die komplette Innenstadt war während der Design Week ein einziger Design-Hotspot, an dem Pop up-Showrooms von Tech-Firmen wie Google oder Microsoft Seite an Seite mit Louis Vuitton oder Issey Miyake zu finden sind. Womit die Italiener wieder einmal eindrucksvoll demonstrierten, dass sie Design in jedem Detail ihres Lebens zelebrieren – von der Mode über die Architektur bis zu Uhren und Autos. Was die Seite an Seite durch die Stadt flanierenden Designer, Künstler, Einkäufer, Enthusiasten, Journalisten und Touristen nach den Jahre der Abstinenz heuer wieder in vollen Zügen genossen haben.

Architektonische Schönheit und nachhaltige Fertigung zeichnen die Produkte von Atelier Vierkant aus.

Alle gehen hinaus

Aber zurück in die Heiligen Hallen des Salones in Rho. Hier ist uns aufgefallen, dass fast jede große Marke inzwischen auch eine eigene Outdoor-Kollektion hat. In denen hängende Bohemien-Sessel und Kabanen, edel geflochtene Sessel, die fast wie Katzenkörbe für Menschen anmuten, jene ganz persönlichen Rückzugsorte in den Gärten schaffen, die derzeit so gesucht sind. Auch ein bisschen Humor ist erlaubt, etwa wenn der grüne Gartensessel in der Pergola mit Hasenohren daher kommt. Bei den Oberflächen haben sich viele Anbieter von Paola Lenti inspirieren lassen, die im Vorjahr ihre Gartentische mit farbenfrohen Keramik-Oberflächen veredelt hatte. Was man heuer auch an vielen anderen Ständen sah, wo die Orte der Kommunikation an der frischen Luft aus Tischen in Meeresblau mit Sofas in Orange bestanden.

In den Innenräumen fällt vor allem die Explosion der Farben auf: Es darf wieder orange, pink, gelb und grün sein – selbst jene italienischen Edel-Designer, für die sonst ein dunkler Grau-Ton schon als gewagt galt – schwelgen heuer in Farben. Dort, wo es vorerst noch schlicht und skulptural bleibt, sorgen Ergänzungen in konträren Formen und Materialen für Wärme. Etwa in den Küchen, wo nach wie vor edle Monolithen aus Stein zu den Must haves gehören – jetzt aber durch eine runde, warme Holzplatte am Ende ergänzt werden. An der gemeinsam gegessen, gefeiert und das Leben zelebriert wird, ganz ohne formalen Esstisch mit dezidiertem Vorsitz und hinteren Plätzen.

Die Verschmelzung des Innen- und Außenbereichs greift auch Cane-Line auf – die Outdoorkollektion könnte so auch im Esszimmer stehen.

Organisch und kuschelig

Auch im Wohnraum wird es bunter – und kuscheliger. Die Sofas und Sitzmöbel sind groß, bequem und orientieren sich mit ihren organischen Formen an der Natur. Bei den Bezügen haben opulente Stoffe wie Samt und alles, was ein wenig plüschig im guten Sinne wirkt, die kühlen Lederoberflächen abgelöst und sind – man ahnt es schon – bunt! Genau wie die Sessel und Stühle, die in allen Tönen von Pink bis Lachs und Mint changieren und dafür sorgen, dass auch am Esstisch Leichtigkeit und Lebenslust zelebriert werden können.

Womit der Salone bei seiner Wiedereröffnung am angestammten Platz zur angestammten Zeit wieder einmal unser Motto „Design muss Freude machen“ aufs Schönste mit Leben erfüllt hat. Freude, die wir jetzt gern mit unseren Lesern teilen.

Roche Bobois greift mit Bombom den Trend zu organischen Formen und weichen Rundungen auf.