Terrakotta ist zurück: modern, reduziert und alles andere als Pseudo-Toskana.
Terrakotta ist zurück – aber nicht als rustikales Relikt oder mediterranes Klischee, sondern als fein abgestimmter Design-Code für moderne Räume. Erdige Töne, strukturierte Oberflächen und archaische Formen erleben eine Renaissance, die weniger mit Vintage und mehr mit Atmosphäre, Haptik und Reduktion zu tun hat.
Einer, der das Material mit neuen Augen betrachtet, ist Matteo Thun. Der Südtiroler Architekt und Designer, bekannt für seinen intuitiven Zugang zu natürlichen Werkstoffen, hat gemeinsam mit Florim eine neue Kollektion entworfen: SensiTerre. Und sie könnte kaum zeitgemäßer sein. Denn sie verbindet jahrtausendealtes Material mit Technologien der Zukunft – und zeigt, wie relevant Terrakotta heute wieder ist.
Die Kollektion ist nicht einfach ein Zitat der Vergangenheit. Sie ist eine Reflexion über Materialkultur, Handwerk und Architektur – über Farbe, Oberfläche und Taktilität. Ausgangspunkt waren die Venere Bianca-Vasen, die Thun gemeinsam mit Benedetto Fasciana zum zehnjährigen Jubiläum der ikonischen Keramikobjekte in Zusammenarbeit mit Bitossi neu gedacht hat. Ihre Texturen – Gaze, Kammzüge, Gravuren – spiegeln sich in den Fliesenformaten von SensiTerre wider. Die Oberfläche ist nicht glatt, sondern lebendig. Man sieht sie nicht nur – man spürt sie.
Was bei dieser Kollektion sofort auffällt, ist die Tiefe der Farben. Kein plakatives Orange, sondern fein nuancierte Erdtöne mit Namen wie Cotone, Rosato, Mattone, Amaranto oder Carbone. Jede Nuance wirkt wie ein Ausschnitt aus einer geologischen Schichtung, wie ein Moment aus der Natur. Warm, satt, staubig. Man denkt an Wüstenlicht, an Terrassen im Spätsommer, an gebrannte Erde, die unter der Sonne atmet.

Viel Feingefühl
Doch wie übersetzt man das ins eigene Zuhause – ohne dass es zu „ethno“ wirkt oder ins Pseudo-Toskanische kippt? Die Antwort: mit Feingefühl. Und mit einem klaren Konzept, das nicht nur auf Farbe, sondern auf Textur, Form und Kontext achtet. Der wichtigste Trick: Nicht alles muss Ton in Ton sein, aber alles sollte ähnlichen Grundcharakter haben – visuell wie haptisch.

Wer eine Wand mit SensiTerre-Fliesen in Sabbia oder Mattone gestaltet, braucht dazu keine dramatische Farbpalette, sondern zurückhaltende Materialien mit Charakter. Helles Holz, geölte Oberflächen, Naturstein oder Leinenstoffe in gedeckten Tönen sind perfekte Partner. Die Wirkung entsteht durch Ruhe, nicht durch Kontrast.
Runde Formen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Der Terrakotta-Look lebt nicht von klaren Kanten, sondern von weichen Übergängen – visuell wie physisch. Ein gutes Beispiel dafür ist der Knoten-Pouf „Twist“ in Rostrot von Westwing. Seine skulpturale Optik bringt Dynamik in den Raum, ohne laut zu wirken. Der Pouf ist gleichzeitig Objekt, Sitzmöbel und Farbakzent – perfekt für ein Setup mit erdigen Grundtönen und strukturierten Oberflächen.
Ebenso wichtig ist der Umgang mit Accessoires. Auch hier gilt: lieber wenige, dafür hochwertige Stücke. Der Krug Strom von Manufactum ist ein solches Objekt. Aus Steinzeug gefertigt, erinnert er an traditionelle Vorratskrüge und verleiht jeder Küche oder jedem gedeckten Tisch eine stille, fast museale Qualität. In einem Raum mit Terrakotta-Fliesen oder -Wänden wird er nicht zum Fremdkörper, sondern zum Verstärker.
Wer Terrakotta nicht an Wand oder Boden einsetzen will, kann den Look über Polster und Textilien transportieren – etwa mit dem Sitzkissen „Ham“ von Popus Editions. In einem intensiven Orange gehalten, setzt es ein klares Statement, bleibt aber im gleichen Materialkosmos: weich, warm, ehrlich. Ideal für Sitzgruppen auf Holzdecks, für Gartenlounges oder als farbiger Akzent auf neutralen Möbeln.

Zurück zur Kollektion: SensiTerre ist nicht nur optisch stark, sondern auch ökologisch durchdacht. Florim produziert CO₂-neutral, recycelt Produktionsabfälle und arbeitet mit 100 Prozent erneuerbarem Strom. Damit steht die Kollektion nicht nur für ästhetische, sondern auch für ethische Nachhaltigkeit. Sie ist Teil eines neuen Verständnisses von Luxus – eines, das auf Langlebigkeit, Reduktion und Qualität setzt, nicht auf Lautstärke.
Das Material Ton, sagt Thun, sei „so einfach wie komplex“. Es brauche kein Ornament, sondern eine klare Idee.
(c) Florim Sensi Terre; Pinterest