Balearen-Boho, Spanien-Style und Portugals Purismus

Eine Stilreise durch mediterrane Ästhetik ohne Klischees.

Es ist schon faszinierend, welche Wirkung das Design im westlichen Mittelmeerraum auf uns hat. Es sind die Erdfarben – allen voran natürlich Terrakotta –, die natürlichen Materialien, organischen Formen und ein unaufgeregter Fokus auf Nonchalance.

Während in Portugal – das ja nur kulturell als mediterran gilt – handgemachte Keramik, aber auch zum Beispiel Kork in durchaus avantgardistischer Form für Aufsehen sorgen, geht es in Spanien gefühlt etwas ruhiger zu. Insbesondere auf Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera merkt man bis heute den Einfluss der Hippies, die in den 1960er-Jahren auf den Balearen landeten.

In kleinen Strandboutiquen ersteht man einen Kaftan mit Karma-Print, an den Wänden der Hotels baumeln Makramees (sehr schön: Jimena Creations auf Ibiza!), und man wippt in Rattan-Hängesesseln durch den Tag. Die schweren Terrakotta-Tröge kommen nie allein, sondern gruppieren sich gerne an Stiegenaufgängen. Statt dem erwartbaren Oleander tummelt sich darin gerne ein Kakteengewächs. Ein bisschen anders möchte man halt doch sein. Hauptsache dezenter Luxus.

Was das Design angeht, hält man den ganzen Tag Siesta. Wenig Tohuwabohu, mehr Boho-Wabohu, denn gerade die Balearen leben vom Boho-Vibe.

A peace of art!

Rote, ja verbrannte Erde – das ist wohl eine der Farben, die man gerade am Festland gerne mit der Hitze assoziiert. Es sind nicht die grünen, üppigen Gärten, es ist das Karge, das Wärme ausstrahlt.

Die Bikini Island & Mountain Hotels in Mallorca sind so ein Beispiel. Terrakotta-Fliesen, mit Pinienholz verschalte Fassade, ganz viel Rostrot und Korbmöbel, wohin man blickt. Man fühlt die Sonne Mallorcas auf der Haut, ganz egal, von wo aus man die Hotelbilder auch betrachtet. Es ist wie eine Umarmung, ein wohliger Energiestoß.

Beide Hotels sind dem „Lean Luxury“-Segment zuzuordnen – oder dem Gypset, ein Kunstwort aus „Gypsy“ und „Jetset“. 128 Zimmer plus Penthouse im einen (Es Trenc), 114 im anderen Hotel (Port de Sóller). Hinter den beiden „Bikinis“ stecken dieselben Macher wie hinter den 25hours Hotels – das sagt schon vieles aus, und gemäß dem 25hours-Credo auch nichts, denn jedes Hotel ist anders. In Mallorca möchten beide Bikini Hotels aber vor allem eines: die 1960er neu erzählen.

Insbesondere auf Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera merkt man bis heute den Einfluss der Hippies, die in den 1960er-Jahren auf den Balearen landeten.

„Die Blumenkinder und deren kreativ-künstlerisches Schaffen in allen Facetten bilden die Grundlage für die Gestaltung des Bikini Port de Sóller (Anm.: Eröffnung 2018) und dessen Weiterentwicklung in Es Trenc (2024)“, leitet Andrea Kraft-Hammerschall, CEO und Innenarchitektin von Dreimeta, ein.

Der Gedanke lag in mehrfacher Hinsicht nahe, stammen die Gebäude für beide Hotelprojekte doch aus den 1970er-Jahren. Der Genius Loci war stark – und wurde noch weiter verstärkt.

Kraft betont im Interview, dass das Hippietum weit mehr als ein Vibe war. Ob Blumen-Mural hinter der Rezeption, kunstvoll bemalte Treppen oder Tontöpfe, die in Makramee-Blumenampeln von der Dachkonstruktion hängen – lokales Kunsthandwerk findet sich in beiden Hotels und macht einfach dieses „Hier passt alles“-Gefühl aus.

„Der freiheitsliebende Lebensstil ist das Leitmotiv der Bikini Island & Mountain Hotels. Der friedliche Protest, aber auch ihr Einsatz gegen die atomare Aufrüstung – all diese Aspekte standen im Designprozess als spiritueller Pate zur Seite.“

Peace im Pool

Die Augsburger Innenarchitektin hält wenig überraschend nichts von „trendbasierter Denke“. Die Schlagworte „mediterranes Design“ erzeugen „zunächst schlimme Assoziationen wie terrakottafarbene Wände in Wischtechnik, Zimmerpflanzen und geflochtene Übertöpfe“. Es sind diese Hardcore-Klischees, die vermutlich jedem Interieur-Designer Albträume bereiten.

Auch die Pinienholz-Verschalung des Hotels in Port de Sóller würde so in Mitteleuropa nicht funktionieren. Zumindest müsste man zu heimischen Hölzern greifen. Was aber sehr wohl eine Alternative wäre: das Peace-Zeichen im Pool. Es besteht in Port de Sóller aus Blüten, die aus Mosaikfliesen gelegt sind, entwickelt mit der Firma Bisazza. Ansonsten plädiert Kraft für einen gemäßigten Umgang mit mediterranen Elementen. Beispielsweise einen Bettüberwurf oder Kissen anfertigen. Natürlich kann man auch mit warmen Farben und geflochtenen Materialien arbeiten, aber im eigenen Heim sollte es immer eine Mischung sein.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner