Dominik Dos Reis: Der Tod liebt Holz – und Mark Rothko

Schauspieler Dominik Dos Reis über minimalistisches Wohnen, Kunst mit Tiefe und warum seine Wohnung kein Flamingo-Plakat erträgt.

Autorin: Lisi Brandlmaier

Man könnte meinen, jemand, der in Salzburg Jahr für Jahr als personifizierter Tod über den Domplatz schreitet, habe ein Faible für Dramatik. Doch Dominik Dos Reis, gefeierter Jedermann-Darsteller und Bühnenästhet durch und durch, lebt privat in wohltuender Reduktion. Seine Wohnung in einem Altbau in Bochum ist ruhig, klar, durchdacht. Weiße Wände, viel Tageslicht, ein Tisch aus dunklem Holz, kein Fernseher, dafür ein kleiner Beamer – „den kann ich nach Lust und Laune aufbauen, zum Beispiel für The Bear“, erzählt er. Auf dem Tisch: Filterkaffee, frisch aufgegossen, Barista-like. Ritual, Ruhe, Rhythmus. Chaos darf gern woanders sein – auf der Bühne zum Beispiel.

Weniger Flamingo, mehr Rothko

Der 32-jährige halb Österreicher, halb Franzose mit portugiesischen Wurzeln ist ein Ästhet, aber keiner, der sich inszeniert. Vielmehr einer, der Atmosphäre spürt. Räume haben für ihn eine Seele – und die soll nicht überladen sein. „Ich brauche Ordnung, damit ich meine Gedanken sortieren kann. Kein Flamingo, keine floralen Vorhänge. Ich mag ruhige Farben, dunkles Blau, viel Holz – skandinavisch inspiriert, minimalistisch, aber mit Charakter.“ Kunst darf sein, ja, muss sogar – aber bitte mit Tiefe. Ein Lieblingskünstler? „Mark Rothko. Diese Kunstwerke voller Farbe und Stille sind magisch.“

Zwischen Kaffeehaus und Probebühne

Auch in Salzburg findet Dos Reis temporär ein Zuhause. Nicht nur auf der Bühne, sondern im Miteinander. „Wenn einen Menschen mit offenem Herzen empfangen – das ist Zuhause. Das Gefühl von Zuhause ist bei mir immer mit Personen verbunden“, sagt er. Und während draußen die goldene Abendsonne die Jedermann-Bühne am Domplatz in Szene setzt und fast schon golden grell erstrahlen lässt (am 19. Juli feiert das Stück zum zweiten Mal Premiere!), beginnt für ihn der Tag generell eher leise: „Kaffee, Radio, Text – dann Joggen an der Salzach. So finde ich meine Mitte.“ Es ist diese Balance, die sein künstlerisches Schaffen wie auch seine Einrichtung prägt: reduziert, aber nie kalt. Klar, aber nie leer. Und immer: spürbar.

Ein Raum, ein Anker, ein Tisch

Es gibt ein Möbelstück, das er retten würde, wenn’s mal brennt: „Mein kleiner Holztisch. Der hält den Raum zusammen.“ Hier sitzt er morgens mit Kaffee, abends mit Freunden oder manchmal allein mit einem Castingtext. Er kennt den Wert von Haptik, Textur, Atmosphäre. „Ich mag es, wenn man spürt, wie sich ein Tisch anfühlt. Oder wenn der Kaffee im Café auf einem Tablett kommt. Kleine Gesten, große Wirkung.“

Die große Kunst des kleinen Moments

Theater ist für Dos Reis die Kunst des Augenblicks – flüchtig, intensiv, unwiederholbar. Genauso wie Räume, in denen man sich wirklich wohlfühlt. „Ein Raum braucht Balance. Zu viel ist zu viel. Zu wenig ist auch nichts. Es geht darum, eine Energie zu erzeugen – wie auf der Bühne.“ In dieser Hinsicht denkt er Bühne und Wohnung gar nicht so unterschiedlich. „Licht ist entscheidend. In Bochum können wir auf der Probebühne bei Tageslicht arbeiten – ein Geschenk.“ Seine eigene Wohnung: möglichst hell. Große Fenster. Kein Deckenlicht. Viel Raum zum Atmen, Denken, Sein.

Von Epidaurus bis ins Café Prückel

Dominik spricht über das legendäre Amphitheater von Epidaurus, wo Licht, Himmel, Erde und Spiel ineinandergriffen. Über Bühnenbildner:innen, Filmemacher und Regisseure, die mit Raum Geschichten schreiben. Über Johan Simons, Anna Viebrock, Johannes Schütz, Ulrich Rasche und – natürlich – Robert Carsen, der für die Jedermann-Inszenierung am Domplatz und sicherlich auch für den Erfolg des Stücks im vergangenen Jahr mitverantwortlich ist. Und über seine Liebe zu Kaffeehäusern, „wo keine Musik läuft, wo man einfach sitzen und schreiben und zuhören kann“. Das Café Prückel in Wien. Die Terrasse vom Café Bazar in Salzburg. Seine „Jetzt“-Orte, wie er sie nennt.

Dos Reis ist vieles: feinfühlig, tiefgründig, ordentlich – und durchaus hedonistisch. „Ich glaube, man muss die Schönheit jetzt feiern. Wir wissen nicht, wie lange wir hier sind.“ Ein Satz, wie er auch in der Jedermann-Inszenierung fallen könnte. Auf der großen Bühne, wo sich Dominik Dos Reis – auch – zuhause fühlt.

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