Bodenschätze für Tiaras, Tafeln und Terrassentüren

Österreichisches Glas funkelt auf der ganzen Welt, wird von Weinkennern von Vorarlberg bis Patagonien geschätzt und ist aus der heimischen Architektur nicht mehr wegzudenken.

In Sachen Glas hat man in Wien schon immer Wert auf ganz besondere Qualität gelegt: So verfügte der Rat bereits 1354, dass das meist aus Böhmen stammende „Waldglas“ überall verkauft werden durfte, die vornehme „Venediger Ware“ jedoch nur auf dem Hohen Markt. Bald darauf produzierte man das begehrte Material auch selbst in größerem Ausmaß: 1534 wurde in Hall in Tirol die erste Glashütte nördlich der Alpen gegründet, die farbloses Glas „venedigischer“ Qualität herstellte und daraus jährlich zwei bis drei Millionen Scheiben und Tafelgläser unterschiedlicher Größen produzierte. In Waidhofen an der Ybbs gab es sogar bereits 1316 eine kleine Glasfabrikation. 

Weltweit begehrt

Inzwischen verkauft die heimische Glasindustrie ihre Ware nicht nur in ganz Wien und überall in Österreich, sondern auf sämtlichen Kontinenten. Die beiden berühmtesten Vertreter der Branche haben es sogar zu echtem Weltruhm gebracht: So glitzern Swarovski-Kristalle heute in Diademen und auf ganz großen Roben, in prächtigen Lustern und auf Designerhandtaschen – und funkeln durch ihren besonderen Schliff fast so schön wie echte Diamanten. Über ähnlicher Berühmtheit dürfen sich die Riedel-Gläser freuen, aus denen Weinkenner von Finnland bis Fidschi trinken und darauf schwören, dass das Geschmackserlebnis durch die Gläser aus der Tiroler Glasmanufaktur noch einmal intensiver wird. Die beiden großen Glasproduzenten sind nicht nur durch eine gemeinsame Geschichte miteinander verbunden – nach dem Zweiten Weltkrieg war es das Haus Swarovski, das Claus Riedel finanziell dabei unterstützte, die Tiroler Glashütte zu übernehmen –, sondern auch durch den Anspruch an die absolute Perfektion ihrer Produkte, für die nicht nur die beiden Flaggschiffe, sondern auch zahlreiche kleinere heimische Manufakturen auf jahrhundertealte Erfahrung und Handwerkstradition zurückgreifen können.

Vom Tisch zur Architektur

Denn der Weg von den geblasenen Schmuckstücken auf den Tafeln und Truhen der Aristokratie bis zum großflächigen Einsatz in der Architektur war ein langer – auf dem viel Kompetenz erworben und weitergegeben wurde. Heute lässt sich das Material weder aus spektakulären architektonischen Entwürfen noch aus dem privaten Hausbau wegdenken und wird von den heimischen Manufakturen in Kombination mit anderen Werkstoffen für Wintergärten und Glasfassaden, Sicherheitstüren und aufwendige Fensterkonstruktionen verwendet.

Für all das braucht es das Zusammenspiel mit anderen Werkstoffen – aber auch anderen Handwerken. „Bei uns arbeiten Handwerker vom Fliesenleger bis zum LKW-Mechaniker – natürlich nicht in ihrer ursprünglichen Tätigkeit, sondern als Handwerker mit Herz, Hirn und einer Liebe zum Produkt“, berichtet Franz Matauschek, Inhaber der gleichnamigen Manufaktur, die historische Handwerkskunst mit modernster Aluminiumtechnik verbindet. Auch bei Katzbeck setzt man auf die Kombination verschiedener Materialien, für die Fenster und Türen des burgenländischen Herstellers kommt vor allem Holz zum Einsatz, weshalb hier vor allem auf die Kompetenzen des heimischen Tischlerhandwerks gesetzt wird. „Das Holz wird bei uns geschliffen, lackiert oder geölt und händisch gebürstet, um die Holzstruktur hervorzuheben“, berichtet Inhaberin Daniela Katzbeck.

Katzbeck gewährt Ein- und Ausblicke mit großflächigem Glas.

Nachhaltige Produktionen

Und natürlich wird durch den Kauf ausschließlich europäischer, vorzugsweise heimischer Hölzer auf Nachhaltigkeit geachtet: „Wir versuchen, alles in Österreich zu kaufen – und zwar von Betrieben, die nahe dem Unternehmensstandort liegen, um eine regionale Wertschöpfung zu schaffen“, so die Unternehmerin. Außerdem erzeuge auf dem Dach der Unternehmenszentrale eine 1800 Quadratmeter große Fotovoltaikanlage rund 300.000 Kilowatt sauberen Sonnenstrom pro Jahr, was einer Emissionseinsparung von 300 Tonnen CO2 entspricht. Mit der Umstellung der Werksbeleuchtung auf LED, dem Betrieb einer firmeneigenen E-Tankstelle und einem kontinuierlich wachsenden Fuhrpark von E-Autos und E-Bikes wird die Ökobilanz hier zusätzlich verbessert.

Ein Zugang, den auch Franz Matauschek pflegt: „Wir legen grundsätzlich Wert auf kurze Distanzen, alle meine Nachbarn sind auch meine Lieferanten – von der Pulverbeschichtung über die Druckerei bis zur Spedition“, berichtet der Unternehmer, der ebenfalls eine riesige Fotovoltaikanlage auf dem Firmendach und für die Fahrer von E-Fahrzeugen eine eigene Tesla-Lounge am Teich eingerichtet hat. Außerdem hat der Unternehmer schon vor der Krise den Traditionen seiner Vorväter vertraut und anders als viele andere ganz altmodisch immer ein großes Lager unterhalten – was ihm in Zeiten, in denen viele Zulieferer der Bauindustrie unter massiven Lieferschwierigkeiten zu kämpfen haben, zugutekommt. „Dadurch kann ich meine Preise stabil halten“, freut sich Matauschek.

Rückkehr der Sprossenfenster

Einen Hauch altmodischer oder besser gesagt nostalgischer darf es derzeit auch bei den Designs zugehen, wie er berichtet: „Bis vor Kurzem ging der Trend in Richtung richtig großflächiger Verglasungen, die bei Dachgeschoßausbauten eine Riesenthema waren“, erzählt er. „Seit Corona hat aber so etwas wie eine neue Biedermeierzeit begonnen, plötzlich sind Fenster wieder mit Sprossen versehen und alles wird ein bisschen verspielter, ein bisschen heimeliger, gemütlicher.“ Was nicht heißt, dass große Glasflächen aus der Mode kommen, allerdings zählt eben auch das Drumherum immer mehr, wie auch Katzbeck berichtet: „Wir sehen einen Trend zu schmalen Fensterflügeln, gebürsteten und geölten Oberflächen und einem flächenbündigen Design“, so die Unternehmerin.

Matauschek legt Wert auf kurze Distanzen in der Lieferkette – zugunsten der Nachhaltigkeit.