Seit 2005 fertigt Sandra Haischberger bei Feinedinge mit viel Herzblut exquisites Porzellan. Mit der Einführung des Feinedinge Ateliers erreicht ihre Kunstfertigkeit nun neue Dimensionen. „The Crowns“, die allerersten Kreationen des Ateliers, werden individuell, mit viel Liebe zum Detail gefertigt und vereinen Tradition sowie zeitgenössisches Design in Anlehnung an frühere Tischdekorationen aus dem Barock. Mit plastischem Porzellan formt und kombiniert sie Elemente, um einzigartige Designs zu schaffen.
Food Design ist so viel mehr als die Auswahl der richtigen Lebensmittel, deren Zubereitung durch Spitzenköche, ihre ästhetische Präsentation auf dem Teller sowie die Inszenierung durch anmutende Fotografie. Gerade soziale Medien wie Instagram und Pinterest haben die letzten Jahre einen wahren Hype ausgelöst und dieses Phänomen noch verstärkt. Wir trafen Sandra Haischberger von der Wiener Porzellanmanufaktur Feinedinge zum Interview.
Liebe Sandra, was bedeutet für dich als Kreative und Spezialistin rund um das kostbare Material Porzellan der Begriff Food Design?
Für mich ist es das industrialisierte Verkaufsprodukt, an das ich spontan denke, denn hier haben sich professionelle Produkt Manager die darauf abgestimmte Verpackung überlegt, damit sich ein Produkt von selbst leichter verkauft. Bei mir im Atelier geht es allerdings um Präsentationsobjekte, also spezielle Gefäße, Formen und Dekorationsstücke, welche wir in Kooperation mit der Gastronomie entwickeln. Wie etwa die Kaffeetassen für die Öfferl Bistros oder das Speiseservice für das Wiener Restaurant Amador.
Was gilt es hier speziell im Kreationsprozess zu beachten?
Prinzipiell geht es darum, sich mit Köchen und Gastronomen die entsprechende Form zu überlegen, wie das Produkt rein formal und gestalterisch aussehen könnte. Hinzu kommt die Funktion, denn gerade in der Gastronomie muß Geschirr stapelbar, spülmaschinen- und bruchfest sein. Zudem müssen die finalen Porzellanobjekte zu den Getränken und Gerichten der Spitzenköche passen. Wie etwa zu 3-Sterne-Koch Juan Amador, für welchen die Präsentationsform seines sehr „durchdesignten“ Essens extrem wichtig ist.
Welche Ansprüche hat er an dich für die Gestaltung seines Services gestellt?
Als Sternekoch wollte er nur weißes Porzellan, welches reduziert und dezent im Hintergrund bleibt, in unterschiedlichen Formen, Größen und Designs, um der ästhetischen Präsentation seiner Vor- und Hauptspeisen respektive seinen Desserts gerecht zu werden. Für ihn ging es nicht um den Anspruch „form follows function“, sondern darum, seine Sterneküche entsprechend in Szene zu setzen. Für mich, die bis dato immer die Funktionalität mitgedacht hatte, sehr spannende Ansätze, welche schließlich in meinen Kreativprozess eingeflossen sind. Ganz besonders bei meiner jüngsten Kollektion „The Crowns“.
Was hat dich motiviert, Feinedinge Atelier zu entwerfen und im Zuge der Vienna Design Week jüngst zu lancieren?
Die Idee zu Feinedinge Atelier beschäftigte mich schon länger und hat mit meiner Routine zu tun, wie man Kleinserien entwickelt und produziert. Ich wollte wieder neue Herausforderungen speziell im Umgang mit dem handwerklichen Material. So bin ich zum Modellieren gekommen. Porzellan ist sowohl von den Temperaturen als auch von seiner Materialität her sehr komplex und setzt großes Wissen voraus. Seine Grenzen auszuloten war für mich letztendlich ein großer Anreiz. Ausschlaggebend war schließlich die MAK Ausstellung „The FEST – Zwischen Repräsentation und Aufruhr“ im letzten Jahr. Besonders ein Tafelaufsatz aus dem Stift Zwettl mit detailverliebten Figuren des Jahres 1768. Schließlich habe ich mich stark mit der Geschichte von Tafelaufsätzen beschäftigt:
historische Objekte, die teils in Vergessenheit geraten waren und heute zeitgemäß neu interpretiert und umgesetzt werden. Überhaupt ist Tischkultur für mich ein sehr schönes Thema!
Du hast mir im Vorfeld zum Interview erzählt, der Höhepunkt dieser kostbaren Tafelaufsätze geht auf die Zeit des Barocks zurück?
Genau. Die von mir angesprochenen Tafelaufsätze oder sogenannten „Center Pieces“ beziehen sich speziell auf die Traditionen des Französischen Hofes. Hier erreichten die verschwenderischen Feste ihren Höhepunkt. Ursprünglich gab es auf den großen Tafeln sogenannte Schaugerichte, wie etwa echte ausgestopfte Schwäne im Federkleid bis oben hin mit Pasteten vollgestopft. Daraus haben sich später die Terrinen – imitierte Tiere in Porzellangefäßform, meist mit Deckel – sowie die Jardinièren mit Blumenarrangements entwickelt. Aus diesen Gefäßen ist die Feinedinge Atelier Idee entstanden, diese herunterzubrechen auf spannende, neu kreierte, sehr elitäre Stücke, welche nicht täglich, aber zu besonderen Anlässen verwendet und zelebriert werden. Denn für mich verschönern sie nicht nur die gedeckte Tafel, sondern initiieren angeregte Tischgespräche unter den geladenen Gästen. Dies mit dem über Jahrhunderte überdauernden Material Porzellan und der damit verbundenen Entwicklung unserer Tischkultur. Gewisse Traditionen bleiben dennoch: so hat mehr oder weniger jeder eine Obstschale zu Hause oder platziert eine schöne Blumenvase in die Mitte des Tisches.
Woher kam deine Inspiration zu den detailverliebten Modellierungen der „The Crowns“ Kollektion?
Gerade nach den vielen Jahren des minimalistischen, reduzierten Skandinavischen Designs hatte ich Lust auf die Gegenbewegung. Ich folgte einer gewissen Sehnsucht meiner Kunden nach mehr Details und Verzierungen, nach etwas Schönem, mit einer Freude am Anschauen, aber auch eine Freude am Objekt selbst. Zudem wollte ich dem ureigentlichsten Handwerk eine neue Bühne geben. Center Pieces sind nicht nur ästhetisch anmutend, sie unterstützen auch die Art der Präsentation der Gerichte bis hin zu Mehlspeisen. Nach ihrem Einsatz auf der gedeckten Tafel können sie bis zur nächsten Verwendung aufs Sideboard gestellt werden und als Deko fungieren.
Welchen Herausforderungen bist du während der Kollektionsentwicklung begegnet?
Diese Prozesse der Produktentwicklung dauern oft über ein Jahr. Das Aufwendige dabei ist der Entwurf selbst, das notwendige Modell, welches um 15% größer sein muß, um der Schwindung beim Brennprozess entgegenzuwirken sowie die Notwendigkeit zu mehreren Gussformen, da diese nur 1x pro Tag verwendet werden können. Die Details werden schließlich im lederharten Zustand aufmodelliert. Dadurch bleibt der Brennprozess immer Überraschung, Risiko und Herausforderung zugleich.
Was hat dich schließlich zur Namensgebung inspiriert?
Im Namen „The Crowns“ schwingt sehr schön das Royale und Prachtvolle der Kollektion mit, denn die Jardinièren und Präsentationsstücke sind edel verziert, sei es mit Porzellanblüten, sei es mit korallenförmigen Elementen oder Kugeln. Sie besteht heute aus 12 unterschiedlichen Designs und Formen – alles Unikate und soll sich entsprechend weiterentwickeln. Wohin auch immer.
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