Handwerk & Nachhaltigkeit

Ein brennendes Thema im Bereich des Handwerks und der Fertigung von Möbelstücken ist der Ruf nach Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Ressourcenschonung geworden. So geht heute ein gewisser Premiumanspruch der Konsumenten mit der ökologischen Frage nach alternativen Materialien, Fertigungen sowie dem Energieantrieb einher.

„Corona kann man aussitzen, indem man zu Hause bleibt, den Klimawandel nicht“, konstatiert Peter Speil von der Firma Geischläger. „In Wahrheit betonieren wir alles zu! Somit kann Beton mit seinem hohen Anteil an grauer Energie nicht der Baustoff der Zukunft sein. Die Branche muss hier zugunsten des Umweltschutzes dringend an Alternativen arbeiten und das Angebot wieder reduzieren. Immerhin gibt es enorme Förderungen für umweltfreundliche Baumaterialien. Fakt ist aber, Granit aus China ist immer noch günstiger als aus dem Waldviertel“.

Steigende Nachfrage nach Vollholzmöbeln konnte das Unternehmen Schwarzott, kompetentes Einrichtungshaus mit eigener Werkstatt aus Baden, verzeichnen. Als Ergänzung zur bewusst in Europa ausgewählten Markenware im Möbelhaus werden in der hausinternen Tischlerei immer mehr Sonderanfertigungen ausgeführt. So ist besonders die Frage nach individuellen Lösungen für Arbeitsbereiche und Homeoffice gestiegen, die getrennt vom Wohnraum sein sollten. „Selbst unsere erfolgreichste Marke Team 7, die bereits in den Achtzigerjahren auf Biomöbel setzte, bietet mittlerweile Maßanfertigungen an. Jedoch ist auch hier der Designanspruch enorm gestiegen“, erzählt Peter Schwarzott. „Alles muss den heutigen Trends entsprechen und optisch ansprechend sein. So setzt etwa Team 7 dünne Glasplatten für eine zeitgemäßere Optik ein.“

Wissen was die Kunden wollen – das Team des Einrichtungshauses Schwarzott. Aktuell setzt man auf Vollholz, Qualität steht klar im Vordergrund.

Designästhetik & Perfektion

Der Nachhaltigkeitsaspekt lässt sich allerdings nicht immer in Einklang mit dem extrem hohen Designanspruch der Kunden bringen, weiß Ulrike Brandner-Lauter vom Fliesenspezialisten Lauter. Während man früher im Showroom anhand von Mustern die richtigen Badezimmerfliesen wählte, hat die Verfügbarkeit vieler Bilder und Impulse rund um Pinterest, Instagram & Co. den Anspruch extrem nach oben geschraubt. Etliche Kunden kämen bereits mit eigenen Moodboards und Fotos, um ein wahrlich „instagrammables“ Bad zu bekommen. Das Gäste-WC ist vielerorts sogar zum Design-Aushängeschild eines Hauses geworden. Dabei sind viele dieser Instagram-Bilder nur Renderings und technisch gar nicht umsetzbar. „Letztendlich geht es aber darum, dem Kunden eine Stimmung, ein Lebensgefühl anstelle von Oberflächen zu verkaufen. Aufgrund der vielen Stile ist das Beratungsgespräch heute am wichtigsten, um den Kunden genau zu seinem persönlichen Lebensstil sowie von der virtuellen in die reale Welt zurückzuführen. Dabei muss der höhere Anspruch an Design, Ästhetik, Qualität und Materialverarbeitung in Relation mit der tatsächlichen Lebensqualität gebracht und mit der richtigen Beleuchtung harmonisch abgestimmt werden. Man denke nur an ein weiß verfliestes Bad und einen Hund“, erzählt Brandner-Lauter aus Erfahrung. Diese Forderung nach Top-Qualität verspürt auch Manfred Bauer: „Es geht wieder Richtung Handwerk, weil sich unsere Kunden ein individuelles Produkt, aber mit der Perfektion der industriellen Fertigung wünschen. Während es früher wirklich reinstes Handwerk war, kann heute bei den Metallbetrieben als Zulieferer mittels Laserzuschnitt genauer gefertigt werden. So wird bei M&B mittlerweile beim Ofenbau mit 2/10-mm-Genauigkeit gezeichnet.“ Das Preisthema sieht er trotz Rohstoffverknappung nicht, eine gewisse Preisdurchsetzbarkeit ist in seiner Branche gegeben. Die wahren Herausforderungen seien der Zeitfaktor sowie die erwartete Perfektion. Auch könne er von keiner Entschleunigung während der letzten Coronamonate sprechen, sondern eher von einer Beschleunigung. Der größte Stress entstehe durch die strikten Bauzeitpläne und Bauverordnungen, die eingehalten werden müssen, und zwar bei chaotischen Lieferzeiten und Projektverschiebungen. „Unsere Branche müsste – salopp gesagt – wieder gechillter werden. Alles soll immer auf Biegen und Brechen gehen, das führt zu einer Ausnahmesituation am Bau, wodurch die wahren Troubles entstehen. Unsere Strategie ist es daher, bereits ein Maximum in der Vorfertigung herzustellen, um die Zeit auf der Baustelle zu verkürzen.“

Yachtprofi List GC trägt Handwerkskunst übers Wasser.

Sehnsucht & neue Werte

In den ersten Wochen der Pandemie, als Grenzschließungen, Lockdown und allgemeine Verunsicherung herrschten, musste auch das sonst auf alle Prozesse eingespielte Team der List GC rasch auf die neuen Rahmenbedingungen reagieren. Die Routine in vielen der gelernten Arbeitsabläufe wurde durch neue ersetzt, interne Prozesse optimiert und Rohmaterial teils regional eingekauft. Bereits seit mehr als 70 Jahren vereint das Unternehmen List General Contractor bei der Ausstattung exklusiver Motor- und Segelyachten sowie privater Apartments und Residenzen modernstes Projektmanagement mit professioneller Handwerkskunst. Doch gerade während dieser Monate, als Reisen, Raum und Zeit zum neuen Luxus avancierten, nahm in der Gesellschaft eine komplett neue Sehnsucht langsam Formen an – in Verbindung mit der Leidenschaft für die Weite des Meeres, dem Streben nach Freiheit, Abgeschiedenheit, privatem Rückzugsort und Exklusivität zu Wasser, ohne auf die Annehmlichkeiten zu Lande verzichten zu müssen. Die Nachfrage nach luxuriös ausgestatteten Yachten nahm zu, anerkannte europäische Werften sorgten für volle Auftragsbücher, und die Motor- oder Segelyacht wurde förmlich über Nacht zum neuen Luxusgut respektive Wertanlageprodukt.

„Auch wenn dieses prestigeträchtige Leben nur einer sehr kleinen Klientel vorenthalten ist, spielt auch hier Geld immer eine Rolle“, erzählt Rainer Sommer. „Gesucht werden stets ästhetisch wie technisch ansprechende Materialien und Oberflächen, die lösungsorientiert in die kleinsten Winkel einer Yacht integriert und vor allem im Außenbereich sonnen-, wind- und wasserresistent verkleidet werden müssen. Daher bedarf es eines harmonischen Zusammenspiels zwischen Designern, Ingenieuren und Handwerkern.“ Zudem habe sich der Lebensraum sehr stark in den Außenbereich einer Yacht verlagert, wodurch Innen und Außen auch zu Wasser ineinander verschmelzen und Designerstücke mit neuen Oberflächenmaterialien, Stoffen und höchster Ästhetik gefragter sind denn je.

Bleibt zuletzt die Frage, wie wir Endkonsumenten mit diesen Herausforderungen umgehen sollen? Am ehesten empfiehlt sich das Aufsuchen eines Gesamtanbieters à la Formdepot, das sämtliche Gewerke von der Planung bis hin zur Umsetzung unter einem Dach anbietet. Aber auch das Unternehmen Schwarzott kümmert sich im Privatbereich – dank seines eigenen Einrichtungshauses – um die Kompletteinrichtung im Zuge eines Gesamtkonzeptes – vom Boden über die Möbel bis hin zu den Vorhängen. Dies inklusive der Organisation der dafür notwendigen Handwerker, wodurch viele Prozesse einfach runder laufen.

Gefragt nach den heutigen Kundenwünschen respektive einer eventuell steigenden Nachfrage nach All-in-Komplettlösungen eines einzigen Kompetenzanbieters im Handwerk bestätigt uns Jörg Zecha von den Begründern: „Unser erstes wirklich großes Projekt für eine kompetente Gartengestaltung, das wir komplett – mit umfassender Projektbegleitung – abwickeln durften, war 2008. Hier hatten wir die kuriose Situation, dass unser Kunde den Auftrag an uns mit der Bedingung vergeben hatte, dass er für den Außenbereich nur uns als Ansprechpartner hat. Somit hatten wir uns diesen Weg der Projektumsetzung eigentlich nicht ausgesucht, sondern wurden von Kundenseite dorthin geführt. Heute ist es für uns Begründer bei den meisten größeren Gartendesignprojekten inklusive professioneller Beratung und Planung eigentlich Standard, für unsere Kunden die Schnittstelle zu den restlichen Handwerkern zu bilden. Diese Dienstleistung wird auch gerne bezahlt, da unsere Auftraggeber diese auch mehr als zu schätzen wissen. Denn gerade im Zusammenhang mit dem derzeitigen Fachkräftemangel ist es wichtig, auf langjährige Kompetenz verweisen zu können. Es gibt in allen Gewerken sehr gute Handwerker beziehungsweise Handwerksbetriebe, diese zu finden ist allerdings nicht immer einfach, daher setzen wir auf ein langjähriges Zusammenspiel mit unterschiedlichsten Unternehmen.“