In feinen Schlafzimmern herrscht leiser Luxus. Was nicht heißt, dass man sich schlechter bettet als das britische Königshaus.
Es ist der Ort, an dem unsere Tage beginnen und enden, an dem wir regenerieren, uns für rauschende Feste herrichten oder für schwierige Angelegenheiten – und unseren persönlichsten Besitz aufbewahren. Das Schlafzimmer ist der intimste Ort des Hauses, den meist nur Familie und wirklich gute Freunde zu Gesicht bekommen. Ein Allerheiligstes, das eine entsprechende Einrichtung und Ausstattung verdient, deren Luxus weniger im Repräsentativen als vielmehr in den Materialien und deren Verarbeitung liegt. Die allerdings gern so perfekt sein darf, dass man sich auf einer Matratze derselben Marke erholt, auf der auch die britischen Royals ihre gekrönten Häupter betten. Oder sich in Decken kuschelt, deren Hersteller auch dem norwegischen Königshaus zu Diensten ist, wenn diese jahrhundertealte Wandbespannungen kunstvoll restauriert wissen wollen. Im Schlafzimmer darf das Rundum-Wohlgefühl vom Feinsten sein – vom Bett über die Matratze bis zu den Daunendecken, der Bettwäsche und dem Lichtkonzept. Und wenn genügend Platz vorhanden ist, auch noch für einen begehbaren Kleiderschrank, der eine Mischung aus dem guten, alten Boudoir und perfekter Aufbewahrung und Ausstellung ist. Aber der Reihe nach.
Unnötiges verbannen
„Das Luxuriöseste im Schlafzimmer ist Platz“, ist Andreas Knamm, Geschäftsführer von Rooms Classic Interior, überzeugt – und der sollte auch optisch erhalten bleiben. „Ich würde aus dem Schlafzimmer selbst alles verbannen, was nicht hineingehört – und, wenn möglich, zwischen dem Raum zum Schlafen und jenem zum Aufbewahren trennen“, fügt er hinzu. Denn so schön manche Dinge auch sein mögen, sei es doch wenig entspannend, wenn nach dem Aufwachen der Blick sofort auf hundert Parfümflaschen auf der Kommode oder die Altlasten des vergangenen Tages falle. Auch Schreibtische oder Leseecken haben dort für Knamm nichts verloren. Wichtig ist allerdings ein Sessel oder eine Bettbank, die beim An- und Ausziehen für Bequemlichkeit und als Ablage sorgt. Davon abgesehen ist der Star des Schlafzimmers nun einmal das Bett – und das darf und soll auch optisch im Mittelpunkt stehen.
Wobei die Gretchenfrage hier „Boxspring oder Lattenrost?“ lautet, und die Antwort im High-End-Segment in den vergangenen Dekaden meist Boxspring hieß. Warum, weiß niemand so genau, aber die Sterne-Hotellerie, in der diese Betten traditionell gern verwendet werden, hat sicherlich dazu beigetragen. „Außerdem sorgt die Höhe der Boxspring-Betten für ein erhabenes Gefühl“, fügt Ralf Hüllemann, Designer und CEO von Sophisticated Living, hinzu. „Man kann die Matratze bis an die Kante setzen, während beim Lattenrost immer noch ein Rand übersteht.“ Grundsätzlich sei es aber eher eine philosophische Frage und habe mit dem Designgeschmack der Kunden zu tun: Wer eher eine fragile, feine Optik wie bei den italienischen Designer-Schlafzimmern mag, wird tendenziell zum Lattenrost-Klassiker greifen; wer die Höhe schätzt und die großen Kopfteile der Boxspring-Variante bevorzugt, wird damit glücklich werden. „Derzeit ist das Verhältnis bei uns zwei Drittel Boxspring zu einem Drittel Lattenrost – und das wird meiner Einschätzung nach auch so bleiben“, so Hüllemann.
Knamm gehört in Wien zu den Boxspring-Anbietern der ersten Stunde. „Wir haben bereits vor 15 Jahren die ersten Vispring-Betten in Österreich verkauft, damals war das aber nur etwas für Kunden, die das ausdrücklich wollten“, erinnert er sich. Erst in den vergangenen Jahren sei das Thema dann wirklich groß geworden und war plötzlich in aller Munde – obwohl vielen nach wie vor gar nicht klar sei, worin eigentlich der Unterschied zu einem klassischen Lattenrost liegt. „Das beginnt bereits mit dem Namen, denn ‚spring‘ ist das englische Wort für Federkern, und ‚box‘ bedeutet Kiste“, so der Experte. Im Luxusbereich sind diese „Federkern-Kisten“ mit Federn und Vanadiumstahl gefüllt, der unter anderem für künstliche Gelenke eingesetzt wird – und mit feinsten, weichen Materialien, versteht sich.
Seelenschmeichler und Hoflieferanten
„Die Preise für die Betten errechnen sich durch die Anzahl der Sprungfedern und der Materialien“, erklärt Knamm. Wobei es den ganz großen Luxus für das körperliche Wohlbefinden nicht wirklich braucht: „Stoffe wie Seide oder Kaschmir umschmeicheln natürlich die Psyche des Kunden, aber anatomisch korrekt schläft es sich auch in guter Baumwolle“, räumt Knamm ein. Die dann aber bei den Luxus-Betten, genau wie alle anderen Materialien auch, per Hand verarbeitet wird. „Damit unterscheiden sich unsere Hersteller“, erklärt er. „Bei diesen kleinen Fertigungen kann man anders als bei industriellen Herstellern bei den Materialien mitreden, genau wie bei der Spannkraft der Federn, die dem Gewicht des Schläfers angepasst wird. Außerdem wissen wir, dass alle Materialien, vom Rosshaar bis zur Seide, Naturmaterialien sind.“ All das spiele auch für die Lebensdauer der Matratzen – die natürlich auch bei den Boxspring-Modellen obendrauf kommen – eine große Rolle.
Denn die im deutschsprachigen Raum bekannte Faustregel, wonach man spätestens nach acht Jahren die Matratze austauschen sollte, löse im Mutterland der Boxspring-Betten oft Verwunderung aus, wie Knamm berichtet. „Diese Zahl gilt bei guten Boxspring-Betten nicht, weil die Systemzylinder hohl sind und sich darüber und darunter Naturmaterialien befinden, die Feuchtigkeit schnell wieder abgeben“, erklärt er. „Da pustet man beim Draufsetzen quasi Luft heraus“, verdeutlicht er – zumindest in der Königsklasse, wo keinerlei Kunststoffe wie beispielsweise Memory-Foam verwendet werden.
Ein Komfort, der natürlich seinen Preis hat, wie Knamm zugibt, wobei je nach Marke und Materialien auch erschwingliche Modelle aus britischer Handarbeit zu haben sind – sogar mit königlichem Siegel. So ist Sleepeezee seit fast sechzig Jahren offizieller Hoflieferant des englischen Königshauses, zunächst von Queen Elizabeth II., seit 1985 auch vom nunmehrigen King Charles III., der dafür bekannt ist, sein Bett auch auf Reisen mitzunehmen. „Da beginnen die Preise bei rund 6.000 Euro“, berichtet Knamm, wobei sie nach oben offen sind – und es darf vermutet werden, dass die königlichen Hoheiten ihre Häupter eher nicht auf der Baumwoll-Basic-Variante betten. Bei Vispring – die unter anderem auch schon Queen Anne und die Titanic ausgestattet haben – beginnt man gleich im fünfstelligen Bereich, „und wenn man sie lässt, bedienen sie den Luxusmarkt mit Modellen zwischen 50.000 und 70.000 Euro“, so Knamm.
„Gelassen“ werden die Hersteller hochwertiger Bettwaren immer häufiger, denn den Wert der Regeneration erkennen immer mehr Menschen. Das weiß auch Silvia Gütl, Geschäftsführerin bei Gans in Wien. „Schlafen ist im Luxussegment wahnsinnig wichtig geworden. Die Menschen wollen sich gut betten und sich das leisten“, berichtet sie. Und tun das gut informiert: Bereits vor dem Besuch im Geschäft hätten sich viele schlau gemacht und lassen sich dann noch einmal ausführlich beraten. „Wie schlafe ich gern? Was ist mir wichtig? Was für eine Temperatur wünsche ich mir? Will ich ein Naturprodukt, und kann ich das auch nehmen, wenn ich Allergiker bin?“ heißen die Grundsatzfragen, die beantwortet werden wollen, um das richtige Bettzeug zu finden. Außerdem wollen heute fast alle Kunden wissen, woher die Materialien stammen, wie sie verarbeitet wurden und welche Öko-Siegel sie aufweisen.
Aufplustern als Qualitätskriterium
Die Faustregel bei Daunendecken lautet „Je leichter und voluminöser, desto hochwertiger“, denn es geht darum, wie gut sich die Daunen nach dem Zusammendrücken wieder aufplustern. „Der höchste Wert dieser in Cuin gemessenen Fähigkeit liegt bei 900. Da es sich um ein Naturprodukt handelt, das natürlichen Schwankungen unterliegt, zeichnen wir unsere besten Qualitäten mit 850+ Cuin aus“, so Gütl. Von der Qualität der Daunen hängt auch die Steppung ab – je weniger Daunen sich in einer Decke befinden, desto enger muss gesteppt werden, damit die Daunen nicht verrutschen. „Sonst hat man beim Aufwachen ein Ergebnis wie einst bei der Tuchent, wo dann alle Daunen irgendwo in der Ecke waren“, erinnert sich die Expertin.
Passend zum hochwertigen Innenleben haben auch die Hüllen der Daunen zu sein, auch hier gehört – edle, versteht sich – Baumwolle zu den beliebtesten Anwärtern. „Dabei gibt es am Markt zwei besonders langstapelige Qualitäten“, weiß Gütl. „Einmal die Supima-Baumwolle aus den USA sowie die ägyptische Baumwolle.“ Unabhängig von der Herkunft lassen sich aus langstapeligen Fasern besonders feine Gewebe herstellen, deren Qualität in Thread Counts (TC) – also die Anzahl der auf einer bestimmten Fläche verwebten Fäden – angegeben wird. „Wir verkaufen Baumwolle ab 300 Thread Counts aufwärts“, so Gütl, „Wenn man eine Baumwolle mit 2000 TC in der Hand hält, fühlt sie sich an wie Seide.“ Die natürlich nach wie vor in der Königsklasse der Stoffe spielt – vor allem bei den Kopfpölstern, weil Seidenbezüge für einen weniger zerknitterten Look und glänzendere Haare nach dem Aufwachen sorgen. Bei den Leintüchern sind sie aber nicht für alle die erste Wahl: Wer gern im Bett liest, weiß eher weniger „rutschige“ Materialien zu schätzen. „Besonders gefragt sind gewebter Baumwollsatin, auch der griffige Perkal wird immer beliebter“, berichtet Gütl. Genau wie von österreichischen Webern hergestellte Leinengewebe: „Das war viele Jahre ganz weg, kommt jetzt aber wieder zurück.“
Einer dieser „Zurückgekehrten“ ist Thomas Pfleger, der vor gut zehn Jahren im Mühlviertel mit Luxury Weaving die erste Weberei seit über 50 Jahren eröffnete und seitdem zum Star-Weber aufgestiegen ist, dessen Arbeiten von Königshäusern und Fünf-Sterne-Hotels in Anspruch genommen werden – aber auch von Normalsterblichen, die im Schlafzimmer nur feinste Materialien an ihre Haut lassen wollen. „Neben der Bettwäsche haben wir inzwischen auch den Möbelstoff fürs Bett entwickelt“, berichtet der Weber und Designer. „Unter anderem Organic Bouclé und Organic Rip“, verweist er auf die biozertifizierten Stoffe für Betthäupter und Boxspring-Bespannungen. „Die finden großen Anklang, weil gerade auch von Hotels und Spas Naturfasern angefragt werden. Und wir verwenden nur Baumwolle, Leinen oder Hanf, bei denen wir die Kontrolle darüber haben, dass sie keine Schwermetalle oder Pestizide aufweisen“, betont der Unternehmer, der gerade eine eigene Studie über Auswirkungen etwa von Schwermetallen auf den Schlaf in Auftrag gegeben hat. Diese wird zwar erst im kommenden Jahr abgeschlossen und präsentiert, „aber wir können jetzt schon sagen, dass Schwermetalle dazu führen, dass sich etwa das Kleinhirn nicht vollständig erholen kann“, verrät er erste Ergebnisse.
Auch bei der Verarbeitung seiner Materialien geht Pfleger einen eigenen, weiten Weg: Seine Stoffe werden bei ausgewählten Spinnereien in Italien nach speziellen Parametern zu feinen Garnen versponnen.
Custom-made statt Designerkult
So einheitlich wie die Trends in Sachen (Schlaf-)Qualität sind, so unterschiedlich sind die optischen Entwicklungen. Denn das einzig Einheitliche in Sachen Schlafzimmer-Design ist der Begriff „individuell“, der durch alle Bereiche die größte Rolle spielt. „Es findet eine gewisse Abkehr von der Verehrung der großen Designermarken statt, die Menschen wollen nicht mehr konform sein, sondern eher ein custom-made Kopfteil mit einem Stoff haben, den man nicht überall bekommt“, berichtet Ralf Hüllemann. Eine Entwicklung, die auch Thomas Pfleger beobachtet. „Momentan geht es sehr stark in Richtung eigene kleine Kollektionen mit individuellen Farb- und Materialwünschen.“ Und das nicht nur für die Hotellerie, sondern auch im privaten Bereich, wo Kunden sich Bilder, Kunstwerke oder auch schon mal die eigene Harley als Bettüberwurf weben lassen. Und im Zweifelsfall gleich die Handtücher und Bademäntel für das angrenzende Bad dazu. Denn natürlich gehören zu den Schlafzimmern im gehobenen Wohnen ein En-suite-Bad und ein begehbarer Kasten – wenn möglich getrennt für sie und ihn.
Dort kann man sich, anders als im Schlafzimmer, auch in Sachen Aufbewahren und Herzeigen so richtig austoben – allerdings hinter verschlossenen Türen, wie Knamm betont. „Ich würde unbedingt eine Tür empfehlen, und die sollte auch nicht aus Glas sein. Denn niemand hat wie in der Werbung nur zwei weiße Kleidersäcke und eine Leinenhose im Kasten hängen“, fügt er lachend hinzu. Innerhalb des Schrankraums brauche es dagegen nicht noch einmal Türen, denn der Staub in einem solchen Raum sei vernachlässigbar. Das Geheimnis gut ausgestatteter Schrankräume liegt dagegen oft im Detail – etwa darin, genügend Platz für breite Bügel bei der Kleiderstange einzuplanen, damit die Sakkos nicht mit den Schultern anstoßen. Auch ein Kleiderlift – mit dem sich die obere Kleiderstange abkippen lässt und somit auch kleineren Menschen Zugang zu Blusen und Hemden gewährt – ist eine lohnende Ausgabe. Und große Spiegel sowie gutes Licht gehören natürlich zu den Must-haves in der Kleiderkammer.
Herzeigen & Champagner trinken
„Wenn es noch ein bisschen mehr Platz gibt, ist es natürlich großartig, in der Mitte eine Insel zu haben, in der man etwa unten die Kelly Bags oder die Schuhe auf guten Streckern präsentieren kann“, so Knamm. Denn das Herzeigen schöner Dinge ist längst nicht mehr nur Frauensache: Vielmehr sind auch die Laden für Stecktücher oder Uhren – gern auch mit Uhrenbeweger – genauso gefragt wie jene für Schmuck oder Fächer für Hüte oder Handtaschen.
Besonders dann, wenn auch noch Platz für zwei Sessel oder eine kleine Couch ist, in der man der besten Freundin die neuesten Errungenschaften vorführt oder sich gemeinsam für den Ball herrichtet – wofür dann ein kleiner Schminktisch ideal ist, der den begehbaren Kleiderschrank fast schon wieder zu einem Boudoir aus der guten, alten Zeit werden lässt. Was übrigens in den USA ein Mega-Trend im absoluten Luxus-Segment ist, wo inzwischen auch der Champagner-Kühlschrank oder alternativ eine Klingel fürs Personal zur Kasten-Ausstattung gehören. Kästen, die bei 50 Quadratmetern beginnen und immer wieder von Kamerateams diverser Sender besucht werden. Ausmaße, die in Österreich noch schwer vorstellbar sind – aber das war die Abkehr vom guten, alten Lattenrost vor 20 Jahren auch.